Nach der Critical Mass im Mai haben sich viele Teilnehmer*innen per Mail bei der Vorsteherin des Sicherheitsdepartments, Karin Rykart, über das repressive Verhalten der Stadtpolizei beschwert. Am vergangenen Freitag haben sich nun sechs kritische Einzelteile mit ihr und drei Vertretern der Polizei zu einer Aussprache getroffen. Bei einem solchen Treffen ist zu bedenken, dass die Critical Mass keine Organisator*innen hat und somit niemand als Vertreter*in der CM auftreten kann. Vier der teilnehmenden kritischen Einzelteile haben ihre Eindrücke des Gesprächs schriftlich festgehalten. Wir drucken ihre Erfahrungsberichte hier ab. Bericht von kritischem einzelteil 1
Meine persönlichen Eindrücke des Meetings mit Karin Rykart:
Eine Stellungnahme bezüglich der einzelnen Fälle vom Freitag den 29.5 wurde Seitens der Polizei nicht vorgenomen. Dafür bräuchte es, ihrer Meinung nach, eine genaue Analyse jedes einzelnen Falles. Dies kann auf dem ordentlichen Rechtsweg nachgeholt werden sofern dies jemandem ein Anliegen sein sollte. Verständnis für die Wut und den Unmut der kritischen Einzelteile wurde eher spärlich geäussert. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass unsere Audiodateien doch das Eine oder Andere auslösten. Immer wieder wurde darauf verwiesen, dass es auch aus ihrer Sicht in der Covid-Zeit nicht einfach gewesen sei zu handeln. Laut Polizei wurde am Bürkliplatz mehrmals verwarnt und versucht, die Menge ohne zu büssen aufzulösen. Die ausgestellten Bussen können, laut Rykart, nicht zurückgenommen werden. Jene Individuen welche nichts mit dem Critical Mass zu tun gehabt hätten könnten auf dem Rechtsweg Einspruch erheben. Die Critical Mass vom 29.5 wurde jedoch, auch wenn es weniger als 5 Personen pro Gruppe waren, als Versammlung angesehen und musste deshalb aufgelöst werden. Nichtsdestotrotz leisteten wir meines Erachtens nach gute Aufklärungsarbeit. Die Stadtpolizei ist gewillt die Critical Mass wieder mit möglichst wenig Polizeipräsenz zu begleiten. Ein grosses Anliegen ihrerseits war, dass die CM eine Ansprechsperson oder Gruppe zur direkten Kommunikation stellt, denn wir passen mit unserem System nicht in ihres. Da müssen sie jedoch Wohl oder Uebel einen eigenen Weg finden. Wir betonten die Verwendung von offenen Briefen und Flugblättern, sollte es ihnen ein Anliegen sein möglichst viele kritische Einzelteile zu erreichen. Für die kommende Ausgabe am 26. Juni bin ich sehr positiv gestimmt. Ich habe den Eindruck, dass dieses Gefühl auch von der Polizei geteilt wird. Meines Erachtens nach war es eine wichtige Aussprache mit kritischen Einzelteilen. Dies sind meine Gedanken und Einschätzungen. Doch am allerwichtigsten; Zu Coronazeiten hiess es max 5 Personen; am 26.6 heisst es meiner Meinung nach: Jeder der kommt soll mindestens 5 Personen mitbringen um gemeinsam ein Zeichen zu setzen!!! bericht von kritischem einzelteil 2
Erlebnisbericht "Treffen mit Stadträtin Karin Rykart"
Teilnehmende seitens der Stadt:
Die Sitzung hat pünktlich am Freitag, 12. Juni um 16 Uhr begonnen. Und sie wurde wie geplant um 17:30 Uhr beendet. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurde festgehalten, dass Herr Müller ein Protokoll schreibt. Dieses habe ich noch nicht gegenlesen können. An der Vorstellungsrunde habe ich zum ersten Mal hervor gehoben, dass die CM als Bewegung aus einzelnen Personen besteht und keine Organisation ist. Ganz im Gegensatz zur Stapo, die eine Organisation ist und als solche sogar sehr hierarchisch organisiert ist. Dieser extreme Gegensatz vereinfacht eine Kommunikation nicht gerade. Nach der Vorstellungsrunde hat Kritisches Einzelteil 1 kurz und prägnant die Geschichte und Funktionsweise der Critical Mass aufgezeigt. Als nächstes wurden vom Kritischen Einzelteil 3 die 15 Audiodateien zu Einzelfällen an der CM vom 29. Mai abgespielt. Darauf folgte eine lange Diskussion über diverse Vorkommnisse, mit extrem vielen Rechtfertigungen von Herrn Blumer. Kurz zusammengefasst, wegen den Covid Massnahmen musste die Polizei gegen jede Art von Veranstaltungen und Ansammlungen vorgehen. Kritisches Einzelteil 3 hat dann noch etwas nachgefasst, und wollte genauer wissen, wie sie eine Veranstaltung definieren, denn nach der Definition von Herrn Blumer wäre eine digital Mass auch eine illegale Veranstaltung. Irgend einmal habe ich dann versucht die Diskussion von den Einzelfällen weg zum "Big Picture" zu führen. Die Teilnehmenden der Stadt sind dann kurz darauf eingegangen, haben aber beklagt, dass wir sowieso illegal seien, weil wir uns nicht an die Verkehrsregeln halten und weil wir sowieso keine Bewilligung hätten. Das sei ja bei Anfragen im Gemeinderat kaum zu rechtfertigen, wenn die Stapo das toleriere. Kritisches Einzelteil 3 hat folgende taktische Frage an Herrn Blumer gestellt: "Stellen sie sich vor Herr Blumer, im Sommer an einem schönen Tag kommen bestimmt 1000 Personen an die CM und diese würden jetzt mit dem Auto kommen. Wenn wir annehmen, dass in einem Auto zwei Personen sitzen, dann wären das also 500 Personenwagen. Was würden sie dann unternehmen?" Antwort von Herrn Blumer: "Das wäre wunderbar, denn bei so vielen Autos hätten wir Stau. Es würde sich nichts mehr bewegen und ich hätte nichts mehr zu tun." Nach einem allgemeinen Gelächter und auf die Anmerkung, warum er das bei der CM nicht so sieht, folgte nur betroffenes Schweigen. Kurz, auf unsere Forderung nach mehr Toleranz wurde nicht eingegangen. Was die Bussen und Verzeigungen angeht, wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass nur der Rechtsweg möglich sei. Selbst von einem Erlass z.B. in offensichtlich zweifelhaften Fällen wollten sie nichts wissen. In diesem Punkt war die Einschätzung des Antirep Teams völlig korrekt. Es gab keinen Verhandlungsspielraum. Wie viele Fälle es waren, wissen wir nicht, da wir vergessen haben danach zu fragen. Das könnte noch jemand im Gemeinderat nachholen, denn so wie es aussieht, wird die CM dort nochmals zum Thema. Gegen den Schluss haben die beiden obersten Polizisten Herr Blumer und Herr Moschin schon fast verzweifelt gefragt, was haben wir denn jetzt erreicht? Wie wollen wir verbleiben? Ich glaube, das war der einzige Punkt bei dem ich mit den beiden Herren einig war. Nichts haben wir erreicht. Wir haben zwar miteinander gesprochen und ich hatte über weite Strecken des Gesprächs den Eindruck, dass wir immerhin Aufklärungsarbeit leisten konnten. Sie hatten uns wenigstens zeitweise als Einzelpersonen und nicht als Vertreter*innen der Critical Mass akzeptiert. Aber am Schluss kam dann wieder der Hammer als Herr Moschin noch einmal mit der Bemerkung kam, er hätte sich schon erhofft, wenigstens eine Ansprechperson zu finden. Denn ohne diese sei die Kommunikation für die Stapo sehr schwierig. Ich konnte ihm nur kopfschüttelnd sagen, darüber haben wir doch jetzt 90 Minuten gesprochen! Herzlichen Dank an alle die sich an diesem Gespräch beteiligt hatten, sei dies in der Vorbereitung oder als Teilnehmende seitens der CM aber auch seitens der Stadt. bericht von kritischem einzelteil 3
Persönlicher Eindruck vom Gespräch am Freitag:
Die vier Angehörigen des Sicherheitsdepartements, selbst alles täglich Velofahrende, waren sichtlich froh, konnte ein kurzer Austausch stattfinden. Sie baten um Verständnis, da der Bundesrat mit den schnell ändernden COVID-19 Anweisungen zum Teil Graubereiche geschaffen hätte und diese zu einer symptomatischen Eskalation geführt hätten. Mit stündlich neuen Vorschriften und Handlungsempfehlungen an die Mitarbeitenden, sei die Stapo an ihre Grenze gestossen. Die Situation am Freitag sei so unübersichtlich gewesen, da sei es sehr schwierig gewesen, denn der Job der Polizei sei es nun mal illegale Veranstaltungen oder Ansammlungen zu verhindern. Vor COVID-19 hätten die Polizei und die CM doch einen guten Weg gefunden. Einen Weg, welcher tauglich für Gesellschaft und Stadt gewesen wäre. Nun wolle man wieder dort zurück. Sie baten auch um Wertschätzung, dass sie sich doch bis jetzt sehr gut arrangiert hätten mit der CM. Es gäbe ja einige Stimmen, welche fordern, dass die CM in Zukunft Bewilligungen einholen solle. Wir wurden von Herrn Moschin auch gebeten „zurückzugeben“, dass auch mit seinem Namen auf Facebook ein Witz gemacht wurde. Weiter baten sie uns, dass auch jede(r) Einzelne(r) in Zukunft während der CM sich gegenseitig etwas kontrolliere, dass keine Straftaten begangen werden. Es sei für sie schwierig nachzuvollziehen, wenn man sich mit der CM identifiziere, bei der Aussprache einer Busse dann aber die Teilnahme daran dementiere. Sie wirkten besorgt und verzweifelt, denn sie hatten in Zukunft auf eine Kontaktperson gehofft. Offen bleibt jedoch die Frage, was die Stapo einer Kontaktperson in Zukunft überhaupt mitteilen würden. Ich habe wenig Verständnis für die Situation gezeigt und vertrat klar die Auffassung, persönlich am Freitag keine Straftat begangen zu haben. Weiter habe ich sie an den letzten tödlichen Unfall erinnert und daran, dass wir das doch alles einfach nicht mehr so hinnehmen können. Ich denke, dass dank dieses Treffens allen Anwesenden nun klarer ist, dass die CM keine (illegale) Veranstaltung ist und sie den Verkehr nicht behindert - sondern sie selbst der Verkehr ist. bericht von kritischem einzelteil 4
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